Einladung*

In einer Welt ohne authentische Orte, ist auch auf Dinge kein Verlass.
Ein Haus, ein organisches Wesen. Die Tiefkühltruhe im Keller summt. Es riecht nach den Geschäftigkeiten des Alters. Schoten pulen, Früchte einmachen, Kaffeetrinken. Das Alter ist die Geschichte des Anderen.
In unserer Zivilisation steht das Altern gleichzeitig inner- und außerhalb. Das Alter ist auszuschließen, um nicht – vor lauter Gedankenverschwenderei an den Tod – alltagsuntauglich zu werden. Das Alter ist aber auch in unsere Zivilisation einzuschließen, um das Anderssein des Alters zu reduzieren.
Ein Haus voll mit den Erinnerungen Anderer. Etwas Zahnsilber in einem kleinen vergilbten Briefchen, eine große alte Bibel, Werkzeug, Kiefernzapfen, Krücken, Reifen, Rosenbüsche und ein Rollator, Wachs und Dochte, längst verlassene Bienenstöcke.
Das Haus, die Gemeinsamkeit der Dinge. In einer Welt ohne authentische Orte, ist auch auf Dinge kein Verlass.

Liebe Freundinnen und Freunde,


vor etwa drei Jahren starb in hohem Alter Herr S. , seine Frau starb bereits
zwei Jahre zuvor. Sie lebten in dem von Ihnen Stück für Stück erbauten Haus
am Ende der Hüfferstraße in Schleussig.
Die vielen Dinge, die nun das Haus und den Garten bevölkern sind
Zeugnisse dieser zwei tüchtigen, selbstversorgerischen Menschen.
Im kommenden Oktober wird sich dieses Relikt dem Lauf der Zeit stellen
müssen. Haus und Grund werden verkauft und mit großer Wahrscheinlichkeit
einer Luxusimmobilie weichen.
Wir wollen dieses Kleinod abschließend feiern und laden hiermit ein, Euch an
einem Happening wie einwöchiger Ausstellung mit dem Titel „Die Verdauung
der Wi(e)dergeburt“ zu beteiligen. Die Assoziationen, die das Haus und die
Dinge hervorrufen sind zahlreich. Die Dinge bieten unter anderem
exemplarisch die Auseinandersetzung mit dem Alter, dem Systemwandel vom
Sozialismus zum Kapitalismus, aber auch unseren eigenen Voyeurismus an.
Die Ausstellung möchte Eure Exponate, Texte, Performance oder Musik und
Klänge in diesem aus der Zeit gefallenen Hüfferstraßenkosmos
präsentieren.
Um Euch selber ein Bild machen zu können, öffnen wir ab dem 4.8.2019
jeden Sonntagnachmittag das Tor. Anderweitige Terminabsprachen sind
natürlich möglich.
Bis später,
Adam und Hannah